Lehrer*innentag, 9. März 2023:
Stochastik in der Sekundarstufe I und II unterrichten

9:00 – 10:30 Begrüßung und Hauptvortrag

Bernoulli-"Kette", Binomialkoeffizienten und die Binomialverteilung – Konzepte oder Rezepte?

Prof. Dr. Norbert Henze, Karlsruher Institut für Technologie

Hörsaal S04 T01 A02 Experimentierhörsaal


10:30 - 11:00 Kaffeepause

Cafeteria


11:00 – 12:30 Workshops

Räume im Gebäude T03


12:30 - 13:30 Mittagspause

Cafeteria


13:30 - 15:00 Workshops

Räume im Gebäude T03

Hauptvortrag

Bernoulli-"Kette", Binomialkoeffizienten und die Binomialverteilung –Konzepte oder Rezepte?

Prof. Dr. Norbert Henze, Karlsruher Institut für Technologie


Im Vortrag geht es um Altbekanntes, aber in den vergangenen Jahren offenbar in Vergessenheit Geratenes, nämlich um Konzepte und nachhaltige Erkenntnis. Als Beispiel dienen die zentralen Themen unabhängige Bernoulli-Versuche, Binomialkoeffizienten und Binomialverteilung. Ich plädiere dafür, das Verhältnis von Konzepten und Rezepten zu überdenken und Konzepten wieder breiteren Raum zu geben. Hierdurch kann schematisches Rechnen häufig durch kurzes Nachdenken ersetzt werden. Für die angesprochenen Themen spielen dabei binäre Tupel eine Schlüsselrolle.

WORKSHOPS

W1: Vortrag aus der Praxis (SII)

Titel: Einführung in die Marktrisikorechnung anhand historischer Simulation

Sprecher: Dr. Christian Höhenrieder, Bundesbank


Kurzbeschreibung:

Die Marktrisikorechnung dient insbesondere der Ermittlung des Risikos aus Wertänderungen von Finanzprodukten wie z. B. Aktien oder Anleihen. Eine Möglichkeit der Berechnung des Wertänderungsrisikos stellt dabei die sogenannte historische Simulation dar, bei der das Risiko ausgehend von historischen Wertänderungen bestimmt wird.


Im Workshop wird zunächst erarbeitet, wie das Wertänderungsrisiko einer Aktienposition aus historischen Kursbewegungen mittels empirischer Quantilsbestimmung ermittelt werden kann. Anschließend werden die Vor- und Nachteile der Verwendung kurzer bzw. langer Historien betrachtet, die Überprüfung der Güte der Risikoermittlung anhand der tatsächlich eingetretener Aktienkursänderungen besprochen sowie auch alternative Berechnungsmethoden mittels Normalverteilungsannahme vorgestellt. In einem zweiten Schritt wird der erarbeitete Ansatz auf zwei Aktienpositionen erweitert und demonstriert, wie dadurch Abhängigkeiten zwischen den historischen Aktienkursen berücksichtigt werden, das gemeinsame Risiko der beiden Aktienpositionen aber i.d.R. auch kleiner als die Summe der Einzelrisiken ausfällt. Ein Ausblick auf die Berücksichtigung anderer Finanzprodukte als Aktien über Bewertungsmodelle und auf Herausforderungen in der Praxis runden den Workshop ab.


W2: Clusterbildungen (SI)

Titel: Kann das Zufall sein? Stochastische Untersuchungen von Krankheitsclustern mit einfachen Mitteln (ab Klasse 8 oder 9)

Sprecher: Uli Brauner, ehemaliger Lehrer an einer Ruhrgebietsgesamtschule


Kurzbeschreibung:

Immer wieder gibt es Meldungen über scheinbar auffällige Häufungen von Krankheiten oder anderen Ereignissen (z. B. Leukämie in der Nähe von Kernkraftanlagen oder Lottogewinne in Baden-Württemberg). Am Beispiel des gehäuften Auftretens von Handfehlbildungen in einer Klinik in Gelsenkirchen gehen wir der Frage „Kann das Zufall sein?“ nach. Dabei führen die Teilnehmenden in Kleingruppen selbst Würfelexperimente durch. Anschließend bewerten wir gemeinsam die Ergebnisse und prüfen, ob unser Würfel-Modell überhaupt geeignet ist und ob es verbessert werden kann.


Dabei gehen wir auch auf Fragen wie der nach der „statistischen Überhöhung von Krankheiten“ (Raucher haben ein 3-fach höheres Krebsrisiko) ein. Eine weitere Analyse der Würfelexperimente bietet einen elementaren Zugang zum Hypothesentest und zum Signifikanzbegriff. Schließlich werden alternative (Software-) Verfahren zur Untersuchung der zentralen Frage vorgestellt und abschließend Anregungen für einen realitätsbezogenen Stochastikunterricht jenseits des Schulbuchs vorgestellt.


W3: Sportwetten (SII)

Titel: Mit Mathematik zum Wettkönig? - Wie beeinflussen stochastische Methoden den Erfolg bei Sportwetten. Sprecher: Dr. Frank Osterbrink, Universität Duisburg-Essen


Kurzbeschreibung:

Wetten können von verschiedenen Ausgangspunkten aus abgeschlossen werden. Einige setzen dabei auf reine Intuition, andere auf ihren Lieblingsverein. Wahre Enthusiasten und „Berufs“-Wetter setzen dagegen auf fundierte Wettmodelle um Ergebnisse möglichst gut vorhersehen zu können. Am Beispiel der Oddset-Wette können SchülerInnnen im Rahmen des in dem Workshop vorgestellten Kurses Einblicke in die Gestaltung solcher Wettmodelle gewinnen. Sie erarbeiten (vielleicht auch überraschende) Erkenntnisse zum erwartbaren Gewinn, erfahren wie Wettquoten berechnet werden und erstellen letztlich ein eigenes Wettmodell.


W4: Maximum-Likelihood (SII)

Titel: So ist es doch am Wahrscheinlichsten – Verstehensorientierte Zugänge zum Zusammenhang von Daten und Modellen

Sprecher: Prof. Dr. Sebastian Bauer, Universität Göttingen und Dr. Lukas Donner, Universität Duisburg-Essen


Kurzbeschreibung:

Der Zusammenhang zwischen Daten und beschreibenden Modellen ist ein zentrales Problem der Anwendung von Mathematik auf die Realität. In der Sekundarstufe II wird dieses Problem häufig durch Steckbriefaufgaben oder mittels unhinterfragter "Knopdruckregression" gelöst.


In diesem Workshop möchten wir einen Beitrag zur verständnisorientierten Behandlung liefern, indem das elementare und universelle Prinzip des Maximum-Likelihood in den Mittelpunkt gestellt wird. Die präsentierten Unterrichtsvorschläge vernetzen dabei Themen der Analysis und der Stochastik.


W5: Stochastische Experimente (SI/II)

Titel: Stochastische Experimente – im Spannungsfeld zwischen mathematischem Modell und erlebter Wirklichkeit

Sprecher: Dr. Wolfgang Riemer, ZfsL/Uni Köln


Kurzbeschreibung:

In der Stochastik gibt es viele spannende Fragestellungen und Experimente, bei denen die Antwort auf die Frage: „In welcher Jahrgangsstufe sollte man das machen?“ schwerfällt. Gute Fragestellungen, sind nämlich häufig so vernetzend, dass sie in Klasse 5 oder 6 im Rahmen beschreibender Statistik genauso begeistern wie in der Wahrscheinlichkeitsrechnung der Klassen 8 und 9 oder kurz vor dem Abitur im Leistungskurs beim Nachdenken über Wahrscheinlichkeitsdichten.


Wenn Sie Ihren Schülerinnen und Schülern neben Checkin, Checkout, Diagnose, Prüfungstraining und Kompetenzförderung auch inhaltlich spannenden Matheunterricht voll im Sinne der Winterschen Grunderfahrungen bieten wollen, dann sind Sie in diesem Workshop, der für beide Sekundarstufen einiges zu bieten hat, richtig. Es geht um funktionierende Unterrichtspraxis auf reflektierter Theoriegrundlage.


W6: Software und Simulationen (SI und SII)

Titel: Stochastische Prozesse - Möglichkeiten der Visualisierung mit R und GeoGebra
Sprecher: Ömer Arslan, Universität Duisburg-Essen und Dr. Monika Meise, Universität Duisburg-Essen


Kurzbeschreibung:

Anhand des Themengebietes "Stochastische Prozesse" wollen wir Möglichkeiten für den Einsatz von Software für die Visualisierung stochastischer Phänomene aufzeigen.


Die eigens für statistische Berechnungen entwickelte freie Software R ist inzwischen in den verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen meist die erste Wahl für Berechnungen und graphische Darstellungen im Zusammenhang mit statistischen Auswertungen. Daher werden wir diese Software vorstellen, eine Kurzeinführung in die Handhabung geben und Beispiele zur Simulation von stochastischen Prozessen mit Übergangsmatrizen erläutern. Parallel dazu werden wir jedoch auch die im Mathematikunterricht häufig eingesetzte Software GeoGebra zur Simulation nutzen, sodass Vor- und Nachteile deutlich werden. Dateien zum eigenen Ausprobieren werden zur Verfügung gestellt. Informationen zur genutzten Software finden Sie unter https://www.r-project.org/, https://posit.co/ (RStudio, die verwendete GUI für R) und https://www.geogebra.org/.